
Devika Shetty, Sozialarbeiterin SIDA/ PREACH – Projekt
Nachdem wir euch im letzten Monat das Interview mit Thilaka, der Buchhalterin Prajnas, vorgestellt haben (Interview Thilaka- Kalender “12 Starke Stimmen”- 01/17), folgt nun für den Monat Februar unser Interview mit Devika.
Wie letztes Mal könnt ihr es sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch nachlesen.
“Während meiner Schulzeit habe ich in einem Dorf gewohnt, später habe ich an einem College in Udupi studiert und dort mit dem Bachelor in Wirtschaft, Geschichte, Politik und Kannada abgeschlossen. Seit elf Jahren arbeite ich für das SIDA/ PREACH – Projekt von Prajna.
Unser Ziel ist die Stärkung der Familien und der Kinder, die direkt oder auch indirekt- durch die Infektion eines Elternteils- von Aids oder HIV betroffen sind und deswegen soziale Ausgrenzung erleben. Durch Hausbesuche machen wir die Betroffenen auf unser Projekt aufmerksam, organisieren Treffen von Selbsthilfegruppen, bieten ihnen individuelle Beratung an und halten bewusstseinsschaffende Vorträge – das alles ist Teil meiner täglichen Arbeit. Ein Hausbesuch bei einem HIV-positiven Mann war besonders herausfordernd für mich: Er war alkoholabhängig und gewalttätig gegenüber seiner Frau. Der Umgang mit ihm war sehr schwierig, und obwohl ich zusammen mit einem männlichen Sozialarbeiter unterwegs war, hatte ich während dieser Besuche Angst. Es brauchte einige Zeit, bis er und seine Familie überzeugt waren, einer Rehabilitation in der Entzugsklinik von Prajna zuzustimmen. Viele Menschen zweifeln am Nutzen unserer bewusstseinsschaffenden Maßnahmen. HIV-positive Menschen hätten doch eh keine hohe Lebenserwartung, sagen sie. Tatsächlich starb der Mann bald nach seiner Rehabilitation, doch seine Frau wurde Teil des Netzwerkes von SIDA. Bei den regelmäßigen Treffen mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal erlebt haben, kann sie ihre Erfahrungen teilen und findet Verständnis und Unterstützung. Ich bin stolz, als Frau hier Dinge bewegen zu können.
Neben meiner Arbeit spielt Literatur eine wichtige Rolle in meinem Leben: Vor mehr als zwanzig Jahren bin ich einer Schriftstellervereinigung mit über 250 Mitgliedern beigetreten. Bei den monatlichen Treffen tauschen wir uns über Literatur aus, die wir gelesen haben und auch die Schriftsteller selbst können in Diskussionen zu Wort kommen.
Die Treffen haben nicht nur meine Sicht auf das Leben geändert, sondern auch die Art und Weise, wie ich an bestimmte Situation herantrete. Ich habe außerdem begonnen, Gedichte zu schreiben: Über das Leben und andere Themen, die Frauen bewegen – eine Gedichtsammlung wurde sogar schon veröffentlicht. Literatur inspiriert Menschen, sie ist Teil des Lebens der Leser und die Schriftsteller bilden das Leben ab, diese zwei Komponenten sind untrennbar miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Ohne die Literatur, das Lesen und das Schreiben wäre ich nur eine berufstätige Frau. Erst mein Engagement für Prajna und die Literatur formen meine Identität und machen mich zu dem, was ich bin.
Aber auch meine Familie spielt eine große Rolle in meinem Leben. Ich bin stolze Mutter eines wunderbaren Kindes, das ich mit viel Liebe und Fürsorge großgezogen habe.
Mein Rat ist, sich immer fortzubilden, sich selbst zu stärken und bewusst zu leben, sodass niemand Anderes dein Leben verderben kann. Du musst dein Leben selbst in die Hand nehmen!”
“Living in a village until high school, I later graduated from a college in Udupi with a B.A. in the field of history, economics, political science and Kannada.
For eleven years I have been working for SIDA/ PREACH Project of Prajna Counselling Centre. Our aim is the empowerment of HIV infected or affected children and their families as well as at the reduction of discrimination against them. Part of my daily work is conducting awareness programmes, identifying the families of people from the target groups as well as giving individual counselling. A challenging experience for me were the home visits that I made to the house of a HIV-positive man who was an alcoholic and beating his wife. I personally also had fear during those visits, although I went there together with a male counsellor.
It took several visits until the family was convinced to admit him to the De-addiction Centre. Some people are even saying, that HIV-positive people are likely to die, so why the need for awareness programmes? In this case, the man died soon after his rehabilitation, but his wife started to participate in the network meetings, where she found support and advice due to the exchange with people in similar circumstances.
Literature plays an important role in my life: In the year of 1992 I joined a writer’s association with more than 250 members. In the monthly gatherings we talk about books that we have read. Sometimes the writers also participate in the discussions. Those gatherings inspired my view on life and how I go today about different situations I encounter. I also started writing poems and published a collection of stories with women-related topics and about life. Literature gives you input, it is part of the life of its readers and the writers display the life, so those two components are interdependent.
Without this reading and writing I would be only a working woman, but the literature and my contribution to Prajna is more than work for me, this all forms my identity.
Apart from that, I am the proud mother of a wonderful child that I have brought up with a lot of caring – family is very important to me.
My advice is to educate, empower and enlighten yourself, so that no other person can spoil your life. But your empowerment can only be done by yourself.”